Berlin – „Eine Plaudertasche ist er nicht“, warnt Mutter Annette. Er, das ist ihr Sohn Marc Spletzer, 14-jähriger Schlaks, Neuntklässler an der Poelchau-Sportschule und sportlicher Mehrkämpfer. Ab der neuen Saison muss das Moderner Fünfkämpfer heißen, bisher war er altersgerecht Vierkämpfer. In der bevorstehenden Saison werden aus vier nämlich fünf Disziplinen. Das Reiten, das Marc im Training schon seit mehr als zwei Jahren übt, kommt hinzu. Die Combined genannte Fusion aus Schießen und Laufen ist ebenfalls neu für ihn.
Sein Top-Resultat hat Spletzer Ende Oktober in Berlin bei den Deutschen Meisterschaften der C-Jugendlichen im Modernen Vierkampf erzielt. Sechster im Fechten, Dritter im Schwimmen, Erster im Schießen und Laufen – das ergab den Titel. „Mein größter Erfolg“, sagt er. 2016 will er den nächsten Schritt machen, bei der B-Jugend-EM Ende August in Birmingham dabei sein. „Seitdem er Mehrkampf macht, hat er einen unfassbaren Aufstieg hinter sich, ohne Rückschlag“, sagt die Mutter erfreut. Wie ihrem Mann Michael, Berufsfeuerwehrmann, sieht man der durchtrainierten Frau an, dass Sport in der Familie fester Teil des Lebens ist. Fußball, Schwimmen, Tennis, Leichtathletik – Sportarten, die auch Marc probierte, ehe er beim Mehrkampf landete.
Schon mit zehn Monaten stand er auf zwei Beinen, einjährig nahm er am SCC-Bambini-Lauf teil – „wenn auch nicht mit ausgefeilter Technik“, erzählen die Eltern lachend. Weil ihm beim Fußball im Schulsport ein Gegner Schien- und Wadenbein brach, lag er lange im Krankenhaus, seine Perspektive vom großen Sport war in akuter Gefahr. Dort las er aber die Biografie von Tennisprofi Thomas Muster, der sich nach Beinfraktur wieder nach oben kämpfte. Trotz zwei Operationen wurde Spletzer schließlich für ihn selbst überraschend als Nachrücker an der Sportschule aufgenommen. Blieb noch die Sportart zu klären. Da kommt Marcs jüngere Schwester Kim (heute 11) ins Spiel. „Sie sagte, komm’ doch mal mit zu uns“, und meinte die Bambini-Mehrkämpfer bei Spandau 04. „Ohne meine Schwester wäre ich heute nicht beim Modernen Fünfkampf“, sagt er. Die Vielseitigkeit faszinierte ihn.
Sein Tagesablauf hat es allerdings in sich. Nicht Lust und Laune am Sport zu verlieren, ehrgeizig und motiviert zu bleiben, verlangt neben familiärer Hilfe (Fahrdienst von Eltern und Großeltern) eine Menge Selbstdisziplin von einem 14-Jährigen: „Kurz vor sechs stehe ich auf, um acht Uhr beginnt die Schule, mit Unterricht, aber auch Training. 19.30 Uhr werde ich abgeholt, dann geht es nach Hause. Dort muss, oft bis abends um zehn, noch die Nachbereitung der Schule durchgestanden werden, so dass ich ziemlich kaputt ins Bett falle.“
Ob es ihn da nicht reizt, wie andere mal die Beine hochzulegen, beantwortet Marc Spletzer fast altersweise: „Ich weiß ja, wofür ich es mache.“ Mit Blick auf die Sportkarriere sagt er: „Mal sehen, was kommt. Ich bewahre die Ruhe!“ Das habe sich schon oft ausgezahlt, nicht nur im Sport. Zum Beispiel bei seinem größten Hobby: dem Angeln. Passt irgendwie: Da muss man ja auch nicht so viel reden.
Text: Klaus Weise // Berliner Morgenpost
Foto: Camera4